Signal bleibt auf Rot stehen
Chancen auf Übernahme schwinden
Die Chancen für eine Reaktivierung der Saftbahnstrecke Bitterfeld-Zörbig-Stumsdorf durch einen privaten Betreiber sind offenbar nicht mehr sehr hoch. Von den drei Bewerbern hat sich einer mittlerweile zurückgezogen. Der zweite, die Sachsenbahn aus Leipzig, hat die Gespräche vorerst ausgesetzt. Und der dritte Interessent, die Regiobahn Bitterfeld, verweist auf hohe Kosten, denen kaum Einnahmen gegenüberstünden. Die Bahn AG hat für Mitte Oktober eine Entscheidung über die Strecke in Aussicht gestellt.
"Wir sind in der Schlussphase der Gespräche", sagte Regiobahn-Geschäftsführer Michael Meinhardt der MZ. Eine Prognose mochte er nicht abgeben, sprach aber von mehreren 10 000 Euro pro Jahr, die das Unternehmen unter anderem für Pacht, Investitionen in Technik (zum Beispiel die Sanierung von Bahnübergängen) und den Unterhalt der Gleisanlagen investieren müsste. "Die Einnahmen würden vorerst jedoch gegen Null gehen."
Noch im Mai hatte die Regiobahn ihr Interesse an der Strecke mit dem Bau der Bio-Ethanol-Anlage der Firmengruppe Sauter in Zörbig verknüpft. Meinhardt wollte sich dazu nicht äußern. Der Projektleiter des Werkes, Bernd Klotz, bekräftigte gegenüber der MZ aber das Interesse an einem Gleisanschluss: "Wir wollen auf jeden Fall den Alkohol mit der Bahn abtransportieren." Denkbar sei auch, die Rohstoffe - Getreide - per Zug anzuliefern. Einrichtungen zum Be- und Entladen seien vorgesehen.
Das Gleis will die Firma auf ihrem Grundstück allerdings noch nicht legen. Es werde alles dafür vorbereitet, sagte Klotz, "aber bauen werden wir erst, wenn sicher ist, dass jemand die Strecke übernimmt". Sauter habe nicht die Absicht, sich an den Kosten für den Betrieb der Bahnlinie zu beteiligen. Klotz: "Schließlich wollen wir da nicht als Betreiber einsteigen."
Der Projektleiter machte deutlich, dass der Bahn- gegenüber dem Straßentransport wettbewerbsfähig sein müsse. Das ist bisher offenbar nicht der Fall. Klotz sagte, potenzielle Betreiber hätten für den Transport schon Kalkulationen vorgelegt, die seien aber aufgrund der Bedingungen der Bahn AG für die Übergabe der Strecke "nicht sehr attraktiv" gewesen.
Die Sachsenbahn will unterdessen die Saftbahnstrecke nur noch im Paket mit der Linie Eilenburg Ost - Bad Düben - Bad Schmiedeberg übernehmen. "Dafür haben wir aber noch keinen Vertragsentwurf vorliegen, für die Saftbahn gibt es den schon", sagte Geschäftsführer Antonio Moscato der MZ. Deshalb habe er die Gespräche zunächst ausgesetzt.
Personenverkehr
Offene Frage
Ob auf der Saftbahnstrecke irgendwann wieder Personenzüge rollen, ist völlig offen. Während die Sachsenbahn dies anstrebt, spielt der
Personen-
verkehr in der Überlegung der Regiobahn zurzeit keine Rolle. Entscheidend ist, ob das Land Geld dafür geben würde. Aus dem Verkehrsministerium waren dazu bisher widersprüchliche Aussagen zu hören. Zurzeit finanziert die
landes-
eigene Nahverkehrsservice-Gesellschaft teilweise den Busverkehr zwischen
Bitterfeld und Stumsdorf- zusätzliche Mittel für die Schiene sind da eher unwahr- scheinlich. Mit dem Güterverkehr bestünde aber die Voraussetzung, irgendwann später auch mal wieder Personenverkehr anzubieten.
Kommentar:
Wunder auf totem Gleis?
Von Alexander Schierholz
Wenn nicht noch ein Wunder geschieht, dann muss man für die Saftbahn- strecke jetzt endgültig die Totenglocken läuten. Bewerber Nummer eins will nicht mehr. Bewerber Nummer zwei-die Sachsenbahn- will die Gleise nur noch im Paket mit anderen in der Dübener Heide. Das ist unrealistisch. Warum sollte die Bahn AG darauf eingehen? Und Bewerber Nummer drei-die Regiobahn- hat
sich offenbar schon entschieden, sagt es aber noch nicht. Die Botschaft
jeden-
falls ist deutlich: Hohe Kosten, geringe Einnahmen. Und der erhoffte Kunde, das Bioalkohol-Werk, will sich auch nicht finanziell beteiligen. Das war's wohl.
Woran liegt's? An den schlechten Konditionen der Bahn AG, ist zu hören. Das ist schwer zu beurteilen. Man kann von der Bahn nicht verlangen, die Strecke zu verschenken. Doch wenn der Staatsbetrieb mit toten Gleisen noch richtig Geld verdienen will, werden die Gleise tot bleiben. Und der Brückenbau bei Sandersdorf, das nur nebenbei, wäre tatsächlich Verschwendung.
Mitteldeutsche Zeitung, Bitterfeld/MZ.asch. 02.10.2003