Die Zörbiger Saftbahn

Pressemeldung vom 01.10.2003


Steuer-Millionen versickern im Land

Sachsen-Anhalt im Osten vorn - Brücke über totes Gleis

Sachsen-Anhalt ist Spitzenreiter bei der Verschwendung von Steuergeldern in Ostdeutschland. Sechs besonders gravierende Fälle aus dem Land listet das "Schwarzbuch" des Bundes der Steuerzahler auf, das in Berlin vorgelegt wurde - mehr als für die anderen neuen Länder. Präsident Karl Heinz Däke nannte als Beispiel die fast eine Million Euro teure Brücke über ein verwaistes Gleis in Sandersdorf bei Bitterfeld. "Hauptsache, die Brücke steht", schildert der Steuerzahler-Bund den "kuriosen" Fall: "Weiß im Verkehrsministerium die rechte Hand nicht, was die linke tut?"

Der Fall: Juli 2002 hatte das Ministerium die "Saftbahn-Linie" zwischen Bitterfeld und Stumsdorf bei der Bahn abgemeldet. Erst zwei Monate zuvor hatte dasselbe Ministerium den Auftrag für die Brücke erteilt. "Hätte man den Brückenbau rückgängig gemacht, wäre eine Vertragsstrafe fällig gewesen. Also baute man weiter", heißt es im Schwarzbuch. Die Bahn hatte unterdessen die Stilllegung der Strecke eingeleitet - keiner weiß, ob dort jemals wieder Züge rollen.

Fall zwei: Die Feldweg-Brücke bei Biere im Zuge der Ortsumgehung Schönebeck. "Eine Edelbrücke für ein paar Landwirte zur Erntezeit", höhnt der Bund der Steuerzahler. Unnötige Kosten: 297000 Euro.

Fall drei: 9000 Euro plus 1440 Euro Mehrwertsteuer blätterte die Stadt Stendal für einen Wirtschaftsberater hin, der Binsenweisheiten offerierte. Däke: "Außer Spesen nichts gewesen."

Fall vier: Ein Beispiel, wie der Staat mit öffentlichen Mitteln steuerzahlenden Betrieben Konkurrenz mache, sei ein Sportstudio in Dessau. Dafür bewilligte das Land über 711000 Euro Steuergelder für Ausbau und Ausstattung. Da es in Sachsen-Anhalt keine Richtlinie gibt, die Fördermittel zum Sportstättenbau an Vereine oder private Anbieter vorsieht, sei eigens ein "Modell-Projekt" kreiert worden.

Fall fünf: Das Theater in Zeitz. Wegen falscher Planung und wegen eines juristischen Streites mit den Grundstücksnachbarn ruht der sieben Millionen Euro teuren Umbau des früheren Kinos.

Fall sechs: Das Berufsschulzentrum in Bitterfeld. Auch nach drei Jahren will keine rechte Freude bei Steuerzahlern, Lehrern und Schülern aufkommen. Grund seien die vielen unpraktischen und teuren Vorstellungen, die Architekten und Planer in diesem größten Niedrigenergie-Gebäude Deutschlands verwirklicht sehen wollten. Der Landkreis musste für den Bau mit 37,6 Millionen Euro fast doppelt so viel Geld zur Verfügung stellen wie ursprünglich geplant. Und der Energieverbrauch liegt um 200 Prozent höher als geplant.

Mitteldeutsche Zeitung, Berlin/MZ. 01.10.2003

zurück zur Presseübersicht