Die Zörbiger Saftbahn

Pressemeldung vom 07.05.2003


Regiobahn will "Saftbahn"

Ansiedlung in Zörbig Voraussetzung - Nur Güterzüge geplant

Mehr als ein halbes Jahr nach der Einstellung des Verkehrs ist die Zukunft der "Saftbahn" Bitterfeld-Stumsdorf weiter ungewiss. Die Bahn AG hat noch nicht entschieden, ob und an wen sie die Strecke abgibt. Unterdessen wurde bekannt, dass zu den drei Bewerbern auch die Regiobahn Bitterfeld zählt. Das bestätigte deren Geschäftsführer Ingo Dewald gegenüber der MZ.

Die Regiobahn knüpft ihr weiteres Engagement für die Strecke allerdings an den geplanten Bau einer Bio-Ethanol-Anlage der Unternehmensgruppe Sauter in Zörbig. "Das hängt eng zusammen", sagte Dewald. Sauter will in der Anlage vom kommenden Jahr an rund 50 000 Tonnen Bio-Alkohol aus Getreide herstellen und für den Transport der Rohstoffe und des fertigen Produkts die Schiene nutzen (die MZ berichtete). "Wenn dafür eine positive Entscheidung fällt, werden wir uns weiter um die Strecke bemühen", kündigte Dewald an.

Schon bald könnte es so weit sein: Derzeit läuft für die Anlage ein Genehmigungsverfahren nach dem Immissionsschutzgesetz. Bis Mittwoch liegen die Unterlagen dazu öffentlich aus, für den 17. Juni ist ein Erörterungstermin in Zörbig angesetzt. Bald danach dürfte das Regierungspräsidium in Dessau wohl entscheiden.

Wie Dewald sagte, gehe es der Regiobahn nicht darum, "da noch ein paar Gleise zu haben". Vielmehr wolle man die Sicherheit, dort einen Kunden zu haben, dem man mit dem Schienen-Transport einen Rundum-Service bieten wolle. Auf die "Saftbahn" würden nach jetzigem Stand zwei Züge pro Tag geschickt - einer mit Rohstoffen, einer für das fertige Produkt. Möglicherweise entschieden sich aber auch noch andere Unternehmen aus dem Gewerbegebiet für die Bahn, so Dewald.

Personenzüge zwischen Bitterfeld und Stumsdorf zu betreiben, schließt die Regiobahn hingegen aus. Das Land habe signalisiert, dass es aus dem dafür vorgesehenen Topf - den so genannten Regionalisierungsmitteln - kein Geld geben werde, sagte Dewald. Damit sei das "nicht darstellbar". Offenbar könnte das Land in dieser Frage aber umdenken. Verkehrsminister Karl-Heinz Daehre (CDU) erklärte jedenfalls kürzlich bei einem MZ-Gespräch, wenn ein Betreiber ein vernünftiges Konzept dafür vorlege, wolle das Land dabei gerne helfen.

Die Bahn AG werde den drei Bewerbern für die Strecke "demnächst" ein überarbeitetes Angebot und einen Mustervertrag schicken, sagte Halles Bahnsprecher Jörg Bönisch am Dienstag. "Wir gehen zurzeit von Verpachtung aus, aber auch ein Verkauf ist nicht ausgeschlossen." Er wollte keine Prognose abgeben, wann das Verfahren abgeschlossen sein könnte. Sebastian Herbsleb von Pro Bahn Zörbig mahnte zur Eile. Wer die Strecke übernehme, müsse sich um Fahrzeuge, Personal und Sanierung kümmern. "Das braucht eine gewisse Vorlaufzeit."

Kommentar

Angebot und Nachfrage
Von Alexander Schierholz

Alles klar auf der "Saftbahn"?
Da ist das Unternehmen, das Interesse hat am Schienen-Transport. Und da sind die drei Bewerber, die die dazu notwendige Strecke haben wollen. Nachfrage und Angebot treffen sich also. Zwar steckt der Teufel bekanntlich im Detail, dennoch lässt diese Konstellation hoffen. Und sie spricht für eine Wiederbelebung
Zu welchem Rahmenbedingungen, das muss sich freilich noch zeigen. Doch selbst wenn dort erst nur Güterzüge rollen würden, wäre das ein Teil-Erfolg: Damit wäre auch der Personenverkehr nicht mehr ausgeschlossen.

Denn denkbar ist vieles, wenn die Strecke bleibt, wenn sie erhalten und befahren wird. Vor Monaten noch schienen die Chancen dafür gering, jetzt scheint der Betrieb wieder möglich. Und vernünftig, weil es wirtschaftliches Interesse gibt am Bahntransport. Nebenbei bemerkt, wäre die Brücke der B 183n bei Sandersdorf dann doch nicht umsonst gebaut worden.

Mitteldeutsche Zeitung, Zörbig/MZasc. 07.05.2003

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