Die Zörbiger Saftbahn

Pressemeldung vom 12.07.2002


Kommunen schicken Protestbrief an Minister

Kreis will mehr Busse einsetzen - Land kündigt Förderung an

Die geplante Stilllegung der \"Saftbahnstrecke\" Bitterfeld-Stumsdorf stößt nicht nur bei Pendlern auf Widerstand, sondern auch bei den betroffenen Kommunen. Die Stadt Zörbig und die Gemeinden Sandersdorf und Großzöberitz wollen in einem gemeinsamen Brief an das Verkehrsministerium gegen das Vorhaben protestieren. Der Kreis hat unterdessen angekündigt, auf der Strecke ab Oktober mehr Busse einzusetzen.

Die geplante Abbestellung, wie die Streckenstilllegung im Amtsdeutsch heißt, war Thema auf der Stadtratssitzung von Zörbig am Mittwochabend. Bürgermeister Rolf Sonnenberger (parteilos) verlas den Brief an das Ministerium, der von den Stadträten unterzeichnet wurde. Darin wird die Einstellung des Bahnverkehrs als völlig unakzeptabel und als Weg in die falsche Richtung bezeichnet.

In dem Schreiben wird weiter darauf verwiesen, dass eine Fahrgastzählung der Nahverkehrsservicegesellschaft Sachsen-Anhalt (Nasa) im November des vergangenen Jahres einen Zuwachs von über 20 Prozent ergeben habe. Die durchschnittliche Auslastung sei wesentlich höher als auf anderen Nahverkehrsstrecken - sogar höher als auf Strecken, die nicht stillgelegt werden. Deshalb sei die Entscheidung des Verkehrsministeriums nicht zu verstehen. \"Statt die Bahnstrecken in einer Hau-Ruck-Aktion abzubestellen, sollten sie gründlich untersucht werden\", heißt es.

Der Fahrgastverband \"Pro Bahn\" plant in den nächsten Tagen auf der Strecke eine Unterschriftensammlung, teilte Sebastian Herbsleb aus Zörbig mit, der nicht nur Mitglied im Verband ist, sondern sich seit Jahren für die \"Saftbahnstrecke\" stark macht.

Sollte das Land bei seiner Haltung bleiben, will der Kreis versuchen, die meisten Züge durch Busse zu ersetzen. \"Vielleicht wird es zu bestimmten Zeiten den Anrufbus geben, aber der heutige Stundentakt soll auf jeden Fall erhalten bleiben\", sagte Hans-Olaf Quasdorf, Sachgebietsleiter Wirtschaftsentwicklung im Landratsamt, der MZ.

Möglich werde das allerdings nur sein, wenn das Land dafür Geld bereitstelle. Zurzeit werde die Linie vom Regionalverkehr zwar \"eigenwirtschaftlich\" betrieben, das heißt ohne Zuschüsse. \"Aber wenn da fünf, sechs Busse mehr am Tag unterwegs sind, wird das nicht mehr so sein\", so Quasdorf.

Der Sprecher des Verkehrsministeriums, Harald Kreibich, bestätigte der MZ am Donnerstag, dass die von Streckenstilllegungen betroffenen Kreise für zusätzlichen Busverkehr Geld erhalten. Höhe und Zeitraum der Förderung hingen allerdings davon ab, wie viel Regionalisierungsmittel für den Nahverkehr das Land vom Bund bekomme, sagte Kreibich. Es werde \"individuelle Lösungen\" geben.

B a h n v e r k e h r

Aus für 13 Strecken

Das Land Sachsen-Anhalt will zum 1.Oktober dieses Jahres insgesamt 13 Nebenstrecken stilllegen, darunter auch ein Teil der S-Bahn in Halle. Aus Sicht des Verkehrsministeriums lassen sich alle diese Verbindungen nicht mehr wirtschaftlich betreiben.

Wie Ministeriumssprecher Harald Kreibich sagte, habe die Nasa errechnet, dass zwischen Bitterfeld und Stumsdorf durchschnittlich 300 Leute täglich hin und zurück fahren müssten, damit ein Betrieb trotz Zuschüssen wirtschaftlich vertretbar ist. Nach jüngsten Erhebungen seien es aber nur 183 Fahrgäste. Diese Zahl lasse sich nach den Nasa-Erhebungen auch durch eine Sanierung der Strecke nicht so steigern, wie es nötig wäre. Durch die Stillegung lassen such laut Land 1,151 Millionen Euro im Jahr sparen. Es sei aber keineswegs sicher, dass das Land für den zusätzlichen Busverkehr weniger zahlen müsse. Räumte Kreibich ein. "Das ist Verhandlungssache."

Mitteldeutsche Zeitung Bitterfeld

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